Augsburger-Allgemeine:Mindelheim/Unterallgäu (28.05.04)
Gründe um zur Europa-Wahl zu gehen
Der Bezirksgeschäftsführer der Europa-Union, Rainer Gantzel, zur Erweiterung der EU
Von unserem Redaktionsmitglied Wilhelm Unfried
"Deutschland wird von der Erweiterung der Europäischen Union stark profitieren", stellte der Bezirksgeschäftsführer der Europa-Union, Rainer Gantzel aus Memmingen, bei einer Versammlung des Kreisverbandes Mindelheim-Unterallgäu fest. Die Wirtschaft in den neuen Staaten wachse überdurchschnittlich und bereits heute sei der Osthandel der BRD größer als der mit den USA. Deutschland sei durch die Erweiterung zudem in den Mittelpunkt Europas gerückt.
Nach der Begrüßung durch den Geschäftsführer Karl Bihler für den verhinderten Vorsitzenden, Landrat Dr. Hermann Haisch, stellte der Referent Rainer Gantzel zunächst die neuen Mitgliedsländer der EU vor, die schon erstaunliche Fortschritte gemacht hätten.
Als ein Bespiel nannte er Estland, das sich ja erst vor 13 Jahren von den russischen Fesseln habe lösen können und in diesem Jahr ein Wachstum von 5,6 Prozent erreichen werde. Estland sei das bestvernetzte Land in der EU, dort bezahle man sogar die Parkgebühren über das Handy. Schon 2007 wollten die Esten den Euro einführen.
Als Probleme nannte Gantzel die gegenseitige Anerkennung der Berufsausbildung, die Gleichstellung von Mann und Frau und den gegenseitige Schutz von geistigem Eigentum. Diese drei Problemzonen seien übrigens bei fast allen anderen Neulingen zu erkennen. Hinzu käme noch die Korruption. Von den Neulingen seien übrigens Tschechien, die Slowakei und Slowenien am besten für die EU gerüstet.
Die Europäische Union nannte Gantzel eine Erfolgsgeschichte, die vor 56 Jahren begonnen habe. Er ließ die wichtigsten Daten noch einmal Revue passieren, wie 1951 (Montan-Union), 1957 (Vertrag von Rom) und dann die weiteren Vergrößerungen durch Beitritte von Großbritanien oder den nordischen Ländern.
Zur landläufigen Meinung, Europa koste die Deutschen nur Geld, nannte der Referent abschließend wichtige Gründe, für Europa und somit auch für die Wahlen.
"Durch die Erweiterung ist der größte Binnenmarkt der Welt mit über 450 Millionen Einwohner entstanden", stellte Rainer Gantzel fest. Es gebe zwar noch ein großes Gefälle innerhalb der Union, das aber ausgeglichen werde.
Der Erweiterungsvertrag umfasse über 15000 Seiten und die Neuen müssten auch Beschränkungen hinnehmen. So stimme das Argument, Deutschland werde nun mit billigen Arbeitskräften überschwemmt, überhaupt nicht. Denn die Freizügigkeit für Arbeitnehmer komme nicht automatisch sondern erst nach einer Übergangszeit von sieben Jahren. Diese Übergangszeit sei vor allem von Deutschland und Österreich gefordert und durchgesetzt worden.
Ein weiteres weit verbreitetes Vorurteil sei, dass "die Erweiterung Deutschland arm mache". Auch dem widersprach der Bezirksgeschäftsführer der Europa-Union: Die Wirtschaft im Osten wachse strärker als bei uns, wir würden davon stark profitieren. Im übrigen hätten die Ostländer schon große Veränderungen mitgemacht, und hätten die Strukturreformen im Vergleich zu unseren Bemühungen in der ehemaligen DDR wesentlich kostengünstiger erreicht.
Erstmals sei Deutschland nur von befreundeten Staaten umgeben und somit im Mittelpunkt Europas.
Ein Problem sei, dass die EU kein Staat sei, aber andererseits Funktionen wahrnehme, die sonst nur Staaten zustehen würden. Sie greife in den Alltag der Bürger ein, der aber nur wenig Möglichkeiten habe, mitzuwirken. Eine Möglichkeit sei, sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament zu beteiligen, denn das Europäische Parlament ist das einzige direkt gewählte Organ der EU.
Wie wird gewählt?
Gewählt werden in der Bundesrepublik Deutschland 99 Abgeorndete. Nach der Erweiterung werden dem Parlament mit Sitz in Staßburg 732 Abgeordnete angehören.
Jeder Wähler hat nur eine Stimme
Wahlvorschläge können Parteien und sonstige politische Gruppierungen einreichen. Sie stellen entweder gemeinsame Listen für alle Länder (Bundesliste) oder Landeslisten auf. Bisher traten CDU/CSU mit Landelisten, DPD, Bündnis 90/Grüne und die FDP mit Bundeslisten zur Wahl an.
Gewählt wird nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Es gilt die 5-Prozent-Hürde.
Die wahlberechtigten Bürger von EU-Mitgliedsstaaten haben die Alternative, ihr Wahlrecht entweder in dem Land auszuüben, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem EU-Land, wo sie ihren Wohnsitz haben.
Es ist auch Briefwahl möglich. Den Wählern sind die Wahlbenachrichtigungskarten zugegangen, mit denen können die Briefwahlunterlagen angefordert werden (In Mindelheim im Rathaus, Paterre).